Warum erfahrene Bäcker 60 Minuten warten, bevor sie Salz zum Baguette-Teig geben

Warum erfahrene Bäcker 60 Minuten warten, bevor sie Salz zum Baguette-Teig geben

Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie schon versucht, ein echtes französisches Baguette zu backen, nur um am Ende ein blasses, zähes Etwas herauszuholen? Das frustriert, besonders in Österreich, wo wir eine so reiche Brotkultur haben. Ich habe bemerkt, dass die meisten Hobbybäcker einen entscheidenden Schritt übersehen, der Brot im Grunde erst zu Brot macht. Dieser Trick, den ich Ihnen gleich zeige, garantiert Ihnen eine Kruste, die beim Anschneiden knistert, als wären Sie in Montmartre und nicht in Ihrer Küche.

Es geht nicht nur um die Zutaten, sondern um die Methode. Vergessen Sie alles, was Sie über schnelles Hefebrot wissen. Hier lernen Sie die Technik, die Top-Bäcker anwenden, um Zeit in Geschmack zu verwandeln.

Der 60-Minuten-Trick: Warum Timing alles ist

Das größte Hindernis für die perfekte Kruste und das luftige Innere (die „Porung“), ist die falsche Handhabung der Zutaten. Die meisten mischen alles sofort zusammen. Aber in meiner Praxis habe ich gelernt, dass Salz und Hefe/Sauerteig sich nicht von Anfang an vertragen. Und genau hier kommt die Autolyse ins Spiel – das Fachwort der Profis.

Schritt 1: Die magische Autolyse für Geschmack und Knusprigkeit

Die Autolyse (eine Stunde Mehl und Wasser ruhen lassen) sorgt nicht nur für einen besseren Geschmack, sondern auch für eine viel stärkere Glutenstruktur. Erklärt in einfachen Worten: Das Mehl „trinkt“ das Wasser richtig auf, ohne dass Sie kneten müssen, und baut dadurch das Gerüst für die späteren Luftbläschen auf. Es funktioniert ein bisschen wie ein Zauber: Geben Sie Mehl (Type 550) und Wasser zusammen:

  • 600 g Weizenmehl (Type 550)
  • 400 g Wasser (Zimmertemperatur)

Alles gut vermischen, bis kein trockenes Mehl mehr sichtbar ist. Das geht mit der Küchenmaschine oder einfach per Hand. Wichtig: Jetzt abdecken und 60 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen lassen. Dies ist die Zeit, in der das Brot seinen Charakter entwickelt.

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Schritt 2: Das späte Hinzufügen von Salz und Hefe

Nach dieser Stunde geben wir die restlichen Zutaten hinzu, die zuvor pausieren mussten. Warum? Wenn Salz sofort auf die Hefe trifft, bremst es deren Aktivität aus und macht den Teig zäh. Wir wollen aber einen aktiven, lebendigen Teig!

  • 120 g Sauerteig
  • 4 g frische Hefe
  • 12 g Salz

Kneten Sie den Teig nun, bis er eine schöne, geschmeidige Masse ergibt. Fünf Minuten in der Maschine sind oft genug. Danach wieder abdecken und eine weitere Stunde gehen lassen. Sie werden sehen – der Teig verändert sich drastisch.

Die Formgebung: Der Weg zum echten Baguette-Look

Viele vernachlässigen das korrekte Formen und wundern sich, warum ihre Baguettes beim Aufgehen breit und flach werden, statt lang und elegant.

Teilen Sie den Teig in zwei oder drei gleichgroße Stücke. Auf einer bemehlten Arbeitsfläche drücken Sie jedes Stück leicht länglich flach. Und jetzt kommt das Faltprinzip, das für die nötige Oberflächenspannung sorgt:

  1. Falten Sie das obere Drittel zur Mitte hin und drücken Sie es fest.
  2. Falten Sie das untere Drittel ebenfalls zur Mitte und drücken Sie es an.
  3. Rollen Sie diese längliche Form sanft auf etwa 40 cm aus und formen Sie die Enden zu spitzen Baguettes.

Legen Sie die geformten Teiglinge mit der Naht nach unten auf ein Backblech (oder, falls Sie in Wien oder Graz in einem Spezialgeschäft fündig geworden sind, in spezielle Baguetteformen). Wieder abdecken und 90 Minuten gehen lassen. In der Zwischenzeit heizen wir den Ofen vor…

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Der Dampf-Effekt: Der Schlüssel zur glänzenden Kruste

Preheizen Sie den Backofen auf 230 °C Ober-/Unterhitze und stellen Sie ein leeres Backblech auf den Boden des Ofens – es muss richtig heiß werden!

Bevor das Baguette in den Ofen kommt, fehlt noch die professionelle „Signatur“: Das Einschneiden (das in Österreich liebevoll „Ritzen“ genannt wird). Verwenden Sie unbedingt eine Rasierklinge oder ein Skalpell, normale Messer zerreißen den Teig nur. Parallele Schnitte sehen klassisch aus, während eingeritzte Kreuze ein rustikaleres Muster ergeben.

Das ist der Moment, der über Knusprigkeit entscheidet: Unmittelbar bevor Sie das Blech mit den Baguettes einschieben, schütten Sie etwa 50 ml Wasser auf das heiße Blech am Ofenboden. Der schlagartig entstehende Dampf bildet die perfekte, glasige Kruste.

Backzeit: ca. 20 Minuten. Nehmen Sie sie heraus, wenn sie goldbraun und hohl klingen, wenn Sie auf die Unterseite klopfen.

Zögern Sie nicht: Am selben Tag verzehrt sind diese Baguettes ein Gedicht, ob mit einem einfachen österreichischen Topfenaufstrich oder einem feinen Hummus. Wenn Sie eines für schlechte Zeiten aufheben wollen (was unwahrscheinlich ist!), frieren Sie es abgekühlt ein.

Haben Sie schon einmal versucht, Ihr Brot selbst zu backen? Was war Ihr größter Fehler und welcher Tipp hat alles verändert?

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