Vier Regeln zur Scheidung in Österreich, die Menschen mit schwerer Behinderung kennen MÜSSEN

Vier Regeln zur Scheidung in Österreich, die Menschen mit schwerer Behinderung kennen MÜSSEN

Sie dachten, eine Scheidung ist hart? Für Menschen mit Behinderung kann sie schnell zur existentiellen Belastungsprobe werden. Es geht nicht nur um Papiere, sondern oft um die Wohnung, die Pflege und die finanzielle Zukunft.

Viele übersehen die stillen, aber wichtigen rechtlichen Feinheiten, die gerade in Österreich gelten, wenn ein Partner einen Grad der Behinderung (GdB) hat. Ich habe festgestellt, dass die meisten Fehler genau hier passieren: Man verlässt sich auf „gesunden Menschenverstand“, statt auf die spezifischen Paragraphen.

Dieser Artikel erklärt in einfacher Sprache, welche entscheidenden Regeln Sie kennen müssen, um bei der Scheidung nicht plötzlich ohne Absicherung dazustehen. Es geht um Ihren Unterhalt, Ihr Zuhause und Ihre Würde.

Was verändert die Schwerbehinderung bei der Scheidung wirklich?

Der erste Gedanke ist oft: Mein GdB oder meine Merkzeichen sichern mir automatisch Vorteile. Das ist ein Irrglaube. Die Behinderung ist kein automatischer Joker, aber sie wird zur entscheidenden Argumentationsgrundlage.

In meiner Praxis sehe ich, dass Amtswege in Österreich ohnehin komplex sind. Kommt eine Behinderung hinzu, ist detaillierte Dokumentation alles.

Regel 1: Der GdB ersetzt keinen „Unterhaltstatbestand“

Ihre Behinderung allein sichert Ihnen nicht sofortigen Unterhaltsanspruch. Das Gesetz verlangt, dass ein „Unterhaltstatbestand“ erfüllt sein muss (auch in den österreichischen Bestimmungen sind die Grundprinzipien ähnlich, § 66 ff. EheG).

  • Behinderte Partner müssen konkret nachweisen, wie die gesundheitliche Einschränkung die Erwerbsfähigkeit und die Lebenssituation beeinflusst.
  • Ohne diesen Nachweis – zum Beispiel durch detaillierte ärztliche Atteste oder einen Behindertenausweis – spielt der GdB vor Gericht kaum eine Rolle.
  • Ziel ist es, den Anspruch auf den sogenannten Krankheits- oder Gebrechensunterhalt zu sichern (ähnlich § 1572 BGB im deutschen Recht, das oft als Richtschnur dient).

Wichtig: Die Behörden wollen sehen, dass Sie selbst nicht in der Lage sind, Ihren Lebensbedarf zu decken. Das ist der Punkt, an dem viele scheitern, weil sie die geforderte Detailtiefe unterschätzen.

Regel 2: Die „Zumutbarkeit“ der Arbeit entscheidet

Man könnte meinen: Wer eine Behinderung hat, muss nicht arbeiten. Auch das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Der Ex-Partner ist nur dann zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet, wenn Ihnen keine Arbeit mehr zugemutet werden kann.

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Der Knackpunkt ist die Frage der „Zumutbarkeit“:

  • Kann der unterhaltsberechtigte Partner trotz Behinderung eine leichtere oder weniger fordernde Arbeit verrichten? Dann muss diese Arbeit aufgenommen werden.
  • Die Gerichte prüfen genau: Welche Restarbeitsfähigkeit ist vorhanden? Welche Jobs in Österreich sind trotz GdB realistisch erreichbar?

Wenn aber absehbar ist, dass die betroffene Person langfristig und dauerhaft nicht mehr erwerbsfähig ist, kann ein Krankheitsunterhalt gewährt werden, in schweren Fällen sogar unbefristet. Sichern Sie sich hier frühzeitig die medizinischen Langzeitprognosen.

So sichern Sie sich Ihr Zuhause in Graz oder Wien

Gerade in sanierten Altbau-Wohnungen in Salzburg oder barrierefreien Neubauten wird die Frage des Wohnraums zur emotionalsten Streitfrage. Für Menschen mit GdB ist die gewohnte Umgebung oft direkt mit der gesundheitlichen Stabilität verbunden.

Regel 3: Die Unzumutbarkeit eines Umzugs sticht Miteigentum

Auch wenn der Ex-Partner Miteigentümer ist, kann Ihnen die zuvor gemeinsam genutzte Wohnung zugewiesen werden. Hier kommt die Behinderung als Schutzfaktor ins Spiel.

Um dies durchzusetzen, benötigen Sie:

  • Ärztliche Stellungnahmen: Warum würde ein Umzug Ihre Gesundheit massiv gefährden?
  • Pflegegutachten: Sind ambulante Pflegedienste oder spezielle Umbauten (z. B. Badelifte) vorhanden, die an diesem Ort etabliert sind?
  • Nachweise über Umbauten: Haben Sie viel Geld in die Barrierefreiheit der aktuellen Wohnung investiert?

Wenn nachgewiesen wird, dass ein Wohnungswechsel für Sie unzumutbar ist – körperlich oder psychisch –, wird dieser Schutz oft höher bewertet als die Eigentumsansprüche des Ex-Partners. Ihr Wohl steht hier im Vordergrund.

Das unterschätzte Detail: Zugewinn und Vermögensausgleich

Die Scheidung wirkt sich auch auf das während der Ehe angesammelte Vermögen aus. Ziel ist eine faire Teilung des Zugewinns (der Unterschied zwischen dem Anfangs- und Endvermögen beider Partner).

Regel 4: Behinderung beeinflusst den Zugewinn indirekt

Ihre Behinderung ändert zwar nichts am Prinzip, dass das Vermögen hälftig geteilt wird. Aber: Sie kann indirekt berücksichtigt werden, wenn die Behinderung zu nachweislichen Vermögensverlusten geführt hat.

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Denken Sie an teure Behandlungen, Hilfsmittel oder notwendige, aber nicht vollständig gedeckte Umbauten, die das gemeinsame Vermögen geschmälert haben. Diese individuellen Kosten müssen im Rahmen der Bilanzierung offengelegt werden.

Ihr praktischer Lebens-Hack

Viele Betroffene warten, bis der Streit eskaliert und die Anwälte involviert sind. Das kostet Nerven und viel Geld. Mein Tipp: Nutzen Sie das Protokoll des Amtsarztes als Verhandlungswaffe.

Wenn Sie Ihren GdB oder die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises beantragt haben, wurden alle gesundheitlichen Einschränkungen und deren Auswirkungen auf den Alltag amtlich festgestellt. Dieses behördliche Dokument ist vor Gericht Gold wert, da es neutral und objektiv ist.

Nutzen Sie dieses Protokoll frühzeitig, um dem Ex-Partner und seinem Anwalt klar zu machen, dass ein langer Rechtsstreit unvermeidlich ist und die Fakten zu Ihren Gunsten sprechen (besonders im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Arbeitsaufnahme oder des Umzugs).

So können Sie oft schneller eine außergerichtliche Einigung erzielen, die Ihnen Sicherheit gibt und Kosten spart. Gerade in Österreich, wo die gerichtlichen Wege lang sein können, ist eine Mediation mit klaren Fakten oft der bessere Weg.

Fazit

Eine Scheidung mit Schwerbehinderung erfordert Weitsicht und penible Dokumentation. Sichern Sie alle medizinischen Berichte, Gutachten und Bescheide. Verlassen Sie sich nicht auf Mitleid, sondern auf Paragraphen.

Haben Sie selbst Erfahrungen mit einer Scheidung unter diesen erschwerten Bedingungen gemacht? Welche Regelung war für Sie die wichtigste?

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