Seit dem starken Anstieg von ME/CFS-Erkrankungen im Zuge der Covid-Pandemie kämpfen Betroffene und ihre Angehörigen um die Anerkennung der Krankheit, vor allem bei Krankenkassen und der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Eine aktuelle Anfragebeantwortung des Sozialministeriums betreffend
Die Herausforderungen von ME/CFS-Patienten bei der Pensionsversicherung
Die Erkrankung ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Erschöpfungssyndrom) hat seit dem Anstieg der Covid-19-Fälle an Aufmerksamkeit gewonnen. Betroffene und ihre Angehörigen stehen vor der Herausforderung, die Krankheit bei Krankenkassen und der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) anerkennen zu lassen. Dies wird durch die fehlenden Daten und Statistiken über die Anzahl der Anträge auf Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension durch ME/CFS-Patienten erschwert.
Fehlende Statistiken und deren Auswirkungen
Eine Anfrage an das Sozialministerium hat ergeben, dass die PVA keine Informationen darüber hat, wie viele Anträge von ME/CFS-Betroffenen in den letzten Jahren eingereicht wurden. Sozialministerin Korinna Schumann erklärte, dass die PVA erst nach einer Begutachtung einen ICD-10-Code zuordnet, was bedeutet, dass viele Anträge ohne die entsprechende Diagnose bleiben. Dies führt dazu, dass unklar bleibt, wie viele Patienten tatsächlich an ME/CFS leiden und wie viele von der PVA eine andere Diagnose erhalten.
Vor der Covid-Pandemie, im Jahr 2019, wurden lediglich 16 Anträge mit der Hauptdiagnose ME/CFS gestellt. Im Jahr 2024 stieg diese Zahl jedoch auf 288. Es ist jedoch unklar, wie viele dieser Anträge nicht anerkannt wurden, da die PVA häufig andere Diagnosen vergibt.
Steigende Ablehnungsquoten
Mit der Zunahme der Anträge hat sich auch der Anteil der Ablehnungen erhöht. Im Jahr 2022 wurden von 107 Anträgen 61 abgelehnt, was einer Ablehnungsquote von 57 Prozent entspricht. Im Jahr 2024 stieg diese Quote auf 66 Prozent. Zum Vergleich: In den Jahren zuvor lag die Ablehnungsquote zwischen 27 und 50 Prozent, als nur wenige ME/CFS-Fälle diagnostiziert wurden.
Der Wiener Neurologe und ME/CFS-Experte Michael Stingl äußerte, dass diese Zahlen die Probleme widerspiegeln, die viele Patienten in der Praxis erleben. Eine Untersuchung von APA, ORF und Dossier hat gezeigt, dass die PVA häufig ME/CFS-Diagnosen in psychiatrische Diagnosen umwandelt. Stingl betonte, dass es „extrem schwer“ sei, mit ME/CFS eine Genehmigung für Rehageld zu erhalten.
Diagnoseproblematik und deren Folgen
Die Schwierigkeiten bei der Diagnose von ME/CFS liegen laut Schumann an der Vielzahl unspezifischer Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen. Diese Symptome können oft nicht durch Laboruntersuchungen oder bildgebende Verfahren nachgewiesen werden, was die Diagnosestellung als Ausschlussdiagnose notwendig macht. Dies führt oft zu einer Vielzahl medizinischer Gutachten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Der grüne Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner kritisierte die PVA dafür, dass sie keine Dokumentation darüber führt, mit welcher Diagnose die Antragssteller kommen. Zudem bemängelte er die mangelnde Kontrolle über die Qualifikation der Sachverständigen zur Diagnose von ME/CFS.
Fehldiagnosen als ernstes Problem
Das Thema Fehldiagnosen wurde auch von Jürgen Holzinger, dem Obmann des Vereins Chronisch Krank, angesprochen. Wenn einem Antragsteller Rehageld mit einer falschen Diagnose gewährt wird, müssen die Betroffenen oft die vorgeschriebene Behandlung durchführen, was besonders problematisch ist, wenn Psychopharmaka aufgrund einer mutmaßlichen psychiatrischen Fehldiagnose verschrieben werden.
Das Sozialministerium stellte zudem fest, dass es keine objektiven, wissenschaftlich erhobenen Daten über die Anzahl der ME/CFS-Betroffenen in Österreich gibt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer besseren Erfassung und Anerkennung dieser Erkrankung, um den betroffenen Personen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Situation von ME/CFS-Patienten bleibt komplex und herausfordernd, was sowohl die medizinische als auch die gesellschaftliche Anerkennung dieser Erkrankung betrifft.
