Die Universität Würzburg druckt Zähne mit dem 3D-Drucker für Lehre und Patienten. Provisorien und dauerhafter Zahnersatz können günstig und schnell produziert werden.
3D-Druck revolutioniert die Zahnmedizin an der Universität Würzburg
Was wie eine futuristische Vision erscheint, ist an der Universität Würzburg bereits Realität: Mit Hilfe von 3D-Drucktechnik entstehen täuschend echte Zähne aus speziellen Harzschichten. Diese Replikate verfügen über realistische Strukturen und sogar simulierte Kariesstellen. Ursprünglich als Lehrprojekt gestartet, entwickelt sich diese Technologie zu einer kleinen Revolution in der Zahnmedizin.
Hygienische und realistische Übungszähne für Studierende
Für Zahnmedizinstudierende sind Hunderte von Übungszähnen notwendig. Bisher mussten sie diese mühsam bei Zahnärzten oder Kieferchirurgen sammeln, was oft aufwendig und mit hygienischen sowie ethischen Bedenken verbunden war. Kilian Schoch, ein Student im siebten Semester, ist erleichtert, dass diese Zeiten vorbei sind.
Die 3D-gedruckten Zähne bieten eine hygienisch unbedenkliche Lösung, die jederzeit verfügbar ist und allen Studierenden identische Übungsbedingungen ermöglicht. Zudem lassen sich die Zähne in beliebiger Stückzahl und Qualität reproduzieren – Schicht für Schicht.
Die Besonderheit dieser Zähne liegt darin, dass sie sich beim Bohren fast wie echte Zähne anfühlen. „Natürlich sind sie ein kleines Stück weicher, aber dennoch sehr realistisch“, erklärt Schoch. Um die Härte des natürlichen Zahnschmelzes zu imitieren, werden Glaspartikel in die gedruckten Replikate eingemischt. Dies stellt einen wesentlichen Fortschritt im Vergleich zu kommerziellen Kunststoffzähnen dar, die in der Vergangenheit verwendet wurden und oft deutlich teurer sind.
Selbst die Zunge wird im 3D-Modell simuliert, sodass die Studierenden lernen, beim Bohren den Platz im Mund richtig einzuschätzen. Die Forscher an der Universität Würzburg verwenden verschiedene Materialien, um die Struktur eines echten Zahns nachzubilden: eine harte Außenschicht für den Schmelz, eine weichere Schicht für das Dentin und eine empfindliche Zone für den Zahnnerv. Dadurch spüren die Studierenden beim Bohren genau, wann sie vorsichtiger arbeiten müssen – ein realistisches Training für den späteren Ernstfall.
Integration von Lehre, Forschung und Praxis
Die Universität Würzburg gehört zu den wenigen Einrichtungen, die alle Modelle in Eigenregie entwickeln und drucken. Die Studierenden erhalten diese Modelle kostenlos, und die Herstellungskosten liegen im Vergleich zu kommerziellen Lösungen nur bei einem Bruchteil. Der 3D-Druck wird an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Universitätsklinikums umgesetzt.
Marc Schmitter, der Klinikleiter, hebt hervor: „Wir können echte bildgebende Daten von Patienten nutzen, und die Studierenden üben an realistischen Modellen, bevor sie am Patienten selbst arbeiten. Das ist ein großer Vorteil für den Standort Würzburg und ein Alleinstellungsmerkmal.“ Der 3D-Zahn deckt alle Behandlungsschritte ab: von der Kariesentfernung über die Wurzelkanalbehandlung bis zur Kronenpräparation. Die Forschung in diesem Bereich wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Albert-Kölliker-Lehrpreis der Medizinischen Fakultät.
Vom Lernmodell zum Zahnersatz
Inzwischen ist der 3D-Druck nicht mehr nur ein Lehrmittel, sondern bereits ein fester Bestandteil der zahnmedizinischen Praxis. An der Universität Würzburg werden sowohl provisorische als auch dauerhafte Kronen im 3D-Druckverfahren gefertigt – passgenau, stabil und kostengünstig. In einer Studie mit 63 Patientinnen und Patienten hielten 98 Prozent der gedruckten Kronen über mehrere Monate ohne Probleme. Auch Totalprothesen können schnell und effizient hergestellt werden. Sollte ein Modell beschädigt werden, kann der Drucker einfach ein neues anfertigen.
Für die Studierenden bedeutet der 3D-Zahn ein realistischeres und intensiveres Training sowie gleiche Chancen für alle. Der gedruckte Zahn ermöglicht es jedem, unter denselben Voraussetzungen zu arbeiten. Gleichzeitig sparen die Forschenden Ressourcen und vermeiden Abfall, da das Material mehrfach verwendet werden kann. Das Ziel des Teams um Schmitter ist es, den Druckprozess weiter zu automatisieren und Materialien zu entwickeln, die dem natürlichen Zahngewebe noch ähnlicher sind.
